Samstag, 24. Januar 2009
 
Die Geheimnisse der Chiquita PDF Drucken E-Mail
Geschrieben von Susan Abad   
Dienstag, 15. Mai 2007
(Bogotá, 18. April 2007, na-poonal).- Chiquita Brands International, einer der weltgrößten Bananenkonzerne, wurde am 15. März vor einem US-amerikanischen Gericht der Zahlung von Schutzgeldern an paramilitärische Gruppen in Kolumbien schuldig befunden und zu einer Geldstrafe in Höhe von 25 Millionen US-Dollar verurteilt. Das Urteil hat viele alte Geschichten erneut ins Licht der Öffentlichkeit gerückt, war doch der Chiquita-Konzern bei weitem nicht der einzige in Kolumbien, der sich der Unterstützung der Paramilitärs durch finanzielle Zuwendung versicherte.

Vor dem US-amerikanischen Gericht gab der Bananenkonzern zu, zwischen 1997 und 2004 für die Sicherheit seiner Mitarbeiter und seiner Anlagen Schutzgelder von insgesamt 1,7 Millionen US-Dollar in etwa 100 Einzelzahlungen an die im Norden des Landes operierenden paramilitärischen Vereinigten Selbstverteidigungsgruppen AUC (Autodefensas Unidas de Colombia) gezahlt zu haben. „Soweit geht das Zugeständnis von Chiquita vor der US-amerikanischen Gerichtsbarkeit.

Tatsache ist jedoch, dass die finanzielle Unterstützung der Paramilitärs durch diesen Konzern sowie durch viele andere bereits lange vor 1997 begonnen hatte, und zwar im Rahmen eines staatlich geführten Projekts, das der wirtschaftlichen, politischen und militärischen Neuordnung der Region dienen sollte“, erklärt Gloria Cuartas Montoya.

Cuartas Montoya war zwischen 1995 und 1997 Bürgermeisterin von Apartadó im Verwaltungsbezirk Antioquia und nach eigenen Aussagen „eine unbequeme Frau für die Regierung Álvaro Uribe wie auch für die Bananenkonzerne und die transnationalen Interessen in der Region des Urabá”. „Was sie [die transnationalen Konzerne] wollten, war eine neue Möglichkeit, die Bodennutzung in dieser Region zu kontrollieren. Dahinter steckte eine Allianz des internationalen Kapitals, mit dem Ziel, sich die riesige Mengen an Bodenschätzen in Urabá einzuverleiben. Es ging um den Abbau von Kohle und Nickel sowie um die Gewinnung von Rohöl. Die Bananenpflanzungen waren lediglich das einzige, was nach außen sichtbar wurde. Das gesamte Business stand zudem in enger Verbindung zum Drogenhandel“, erklärt Cuartas.

Die Unterstützung der Paramilitärs durch den Bananenkonzern war jedoch nicht ausschließlich finanziell. Die Ermittlungen der kolumbianischen Staatsanwaltschaft ergaben, dass Chiquita Brands, mittlerweile unter dem Namen Banadex operierend, am 7. Dezember 2001 3.400 Gewehre des Typs AK-47 sowie vier Millionen Patronen des Kalibers 7.65 transportiert, abgeladen und gelagert hatte. Die Waffen waren für die vom mittlerweile von eigenen Leuten ermordeten Carlos Castaño geführten Paramilitärs bestimmt. Nach Angaben des Staatsanwalts Mario Iguarán wurden die Waffen aus dieser Lieferung von den Paramilitärs benutzt, um die linksgerichtete Guerilla aus der Region Urabá zu vertreiben, wo Chiquita eine 4.000 Hektar große Bananenplantage unterhielt. „Es war ein verbrecherisches Komplott: Geld und Waffen im Austausch gegen die blutige Befriedung des in Antioquia gelegenen Urabá“, erklärte Iguarán. Cuartas, die ehemalige Bürgermeisterin, ergänzt: „Urabá wurde Schauplatz von Massakern und Ermordungen. Soll das vielleicht ein Zufall sein, dass in nur drei Jahren, zwischen 1995 und 1997, in einem Ort mit 100.000 Einwohnern ganze 1.200 oppositionelle Angehörige sozialer Bewegungen und Gewerkschaften gezielt ermordet wurden?“

Vor ihrer Entwaffnung im Jahr 2004 hatten die paramilitärischen Gruppen blutige Massaker veranstaltet, etliche Morde begangen und zahlreiche Menschen aus ihren Dörfern vertrieben. Doch nicht nur Chiquita werden Beziehungen zu paramilitärischen Gruppen angelastet. Der US-amerikanische Bergbaukonzern Drummond Company Inc., der in der Provinz Cesar das zweitgrößte Tagebau-Werk in Kolumbien betreibt, steht seit vier Jahren in Alabama, USA, wegen der Ermordung von Valmore Locarno Rodríguez, Víctor Hugo Orcasita und Gustavo Soler Mora im Jahr 2001 vor Gericht. Kohlearbeiter der Gewerkschaft Bergbau und Energie (Sindicato Nacional de Trabajadores de la Industria Minera y Energética) beschuldigen den Konzern, Todesschwadrone mit der Ermordung der drei Gewerkschaftsführer beauftragt zu haben.

Unterstützung erhielten die Kläger von Rafael García, einem langjährigen Funktionär des kolumbianischen Geheimdienstes DAS (Departamento Administrativo de Seguridad). Nach eigenen Aussagen wurde García Zeuge, wie ein Mitarbeiter des Drummond-Konzerns einem Paramilitär einen Koffer mit Bargeld übergab und ihn mit der Ermordung der Gewerkschafter beauftragte. García befindet sich seit Mai vergangenen Jahres in Haft. Ihm wird vorgeworfen, Vorstrafen von Paramilitärs aus dem Archiv des DAS gelöscht zu haben.

Auch der Coca Cola-Konzern wurde von der Gewerkschaft der Beschäftigten in der Nahrungsmittelindustrie beschuldigt, von 1995 bis 1996 mit paramilitärischen Gruppen zusammengearbeitet und die Ermordung von sieben Gewerkschaftern in Auftrag gegeben zu haben. Außerdem sollen sie Dutzende kolumbianische Arbeiter aus ihren Dörfern vertrieben haben, zwei sogar bis ins Ausland.

Der Skandal um Chiquita Brands hat auch die Mutmaßungen über Verbindungen des aktuellen Präsidenten Uribe zu paramilitärischen Gruppen wieder ins Licht der Öffentlichkeit gerückt. „Uribe gründete 1994 als Gouverneur der Provinz Antioquia die berühmte Convivir, die nichts anderes war als eine bewaffnete Miliz der Rechten, die in den Bezirken der Drogenhändler und in den für die großen Konzerne strategisch wichtigen Zonen der Region operierte, wo in jenen Jahren auch die Paramilitärs erheblich an Boden gewonnen hatten. Mit Hilfe von Convivir gelang es Uribe, das herrschende Privatrecht rechtlich abzuschirmen. Das geschah natürlich illegal, nach außen sah man nur die Bewachung der Bananenplantagen und die Volkskommandos“, erklärt Cuartas.

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